Sie haben einen wunderschönen Garten. War er schon immer so?
Nein, im Laufe der 24 Jahre, in denen wir schon hier wohnen, haben wir den Garten jeweils den Bedürfnissen unserer Familie angepasst. Hauptsächlich bestand er aus einer Rasenfläche, einigen Blumen- und Kräuterbeeten und Büschen, die das Grundstück einfassten. Ein nicht untypischer Einfamilienhausgarten. Vor ein paar Jahren haben wir damit begonnen, einige Ecken des Gartens mit einer Naturwiese zu versehen.
Aus welchem Grund haben Sie Ihren Garten umgestaltet?
Das Experiment Naturwiese hat uns gezeigt, wie vielfältig die Flora und Fauna sich schon nach einer Saison auf wenigen Quadratmetern Gartenfläche präsentiert. Wir verbrachten viel Zeit mit dem Beobachten von Insekten und einheimischen Wiesenblumen und staunten über die Veränderungen. An diesem kleinen Stück Garten hatten wir mehr Freude als am ganzen Rest. Das hat uns darin bestärkt, der Biodiversität in unserem Garten mehr Raum zu geben.
Welche Elemente gibt es in Ihrem Garten?
Der Garten ist in Zonen aufgeteilt. Es hat naturnahe Zonen und Nutzzonen. Zum Nutzgarten gehören das Treibhaus, der Gemüsegarten, das Kräuterbeet, die Beerenbüsche, die Fruchtbäume und der Kompost. Der Gartensitzplatz wurde mit einem kleinen Grillplatz erweitert. Zu den naturnahen Zonen gehören ein Hügel mit Trockenwiese, Ruderalflächen, eine schattige Zone mit Krautsaum und Gruppen von einheimischen Gehölzen. Die Zonen sind mit geschwungenen Wegen aus Ruderalkies verbunden. Eine Trockenmauer grenzt den Sitzplatz ab. Für die Tiere haben wir Rückzugsorte in Form von Stein- und Asthaufen und Insektenhotels geschaffen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Garten auf diese Art zu gestalten? Hatten Sie Hilfe von einer Fachperson?
Schon seit einigen Jahren haben wir uns mittels Fachliteratur informiert und auch einige Kurse besucht, namentlich zum Thema Permakultur. Für die Umgestaltung zogen wir einen Gartengestalter als Berater bei, um unsere Ideen fachgerecht umsetzen zu können. Wir erklärten ihm unsere Vorstellungen und er erstellte uns eine Skizze. Er half uns vor allem auch bei der Auswahl der heimischen Pflanzen, die wir dann in Gruppen anordneten. Der Einbezug der Fachperson war wichtig. Es half uns, standortentsprechende Zonen zu bilden (Schatten, Halbschatten, sonnig) und wichtige Gestaltungselemente einzusetzen wie z. B. einen Hügel oder eine Trockenmauer.
Ist der Garten von einer Fachperson umgesetzt worden oder haben Sie selber Hand angelegt?
Bei der Umsetzung hatten wir das Glück, dass Adrian für einige Wochen eine Arbeitspause machen und somit einen Teil der Arbeit selbst ausführen konnte. Unser Gartengestalter half uns auch mit Tipps und Tricks bei denjenigen Arbeiten, die wir selbst ausführten. Die anspruchsvolleren Elemente wie die Erstellung der Trockenmauer, die Errichtung des Hügels (Trockenwiese) und die Positionierung der Pflanzen liessen wir durch den Gartenbetrieb des Gartengestalters ausführen.
Haben sie die Kosten für die Umgestaltung etwas abgeschreckt?
Das Schöne an solchen Projekten ist, dass man das Budget gut steuern kann. Es ist problemlos möglich, in einem kleineren Teil des Gartens mit einer Umgestaltung zu beginnen und weitere Schritte in Etappen auszuführen. Wir haben den Garten komplett umgestaltet und dafür ein Budget erstellt, welches wir auch einhalten konnten. Dank dem signifikanten Anteil an Eigenarbeit waren die Kosten nicht sehr hoch. Aber sicher geht es nicht ohne Investition, schliesslich sollen ja andere Pflanzen wachsen und die brauchen eine andere Erde. Das wiederum bedingt ein teilweises Abtragen des bestehenden Bodens und den Ersatz durch neue Materialien (Ruderalkies, Sand, etc.). Die Freude am neuen Garten wiegt die Kosten jedoch klar auf!
Sie haben aufgrund des halbjährlichen Informationsschreibens im MZ betreffend Naturobjekte ein Gesuch für finanzielle Unterstützung eingereicht und einen kleinen Beitrag von der Gemeinde erhalten. War das Gesuch schwierig zu stellen, brauchte es dazu einen grossen Zeitaufwand und hat Sie dies motiviert in der Umsetzung Ihrer Ideen?
Der Beitrag war eine kleine willkommene Spende, die wir vor allem als Wertschätzung für unsere Bemühung um mehr Biodiversität empfanden. Das Projekt war bereits in Planung. Die Skizze (siehe Foto) und das Grobkonzept waren bereits vorhanden. Das Erstellen des Gesuchs erforderte nicht viel Zusatzaufwand.
Warum setzen Sie auf einen Permakulturgarten? Welche Gemüse und Früchte können Sie ernten?
Wir sind auf dem Weg zu lernen, wie wir den Garten nach den Prinzipien der Permakultur möglichst nachhaltig und in Kreisläufen pflegen können. Die einheimischen Pflanzen und deren Anordnung sollen für ein gutes Mikroklima im Garten sorgen. Nach der Umgestaltung ging es vor allem darum, den nackten Boden möglichst schnell bewachsen zu lassen und damit gute Bedingungen für die Bodenlebewesen (Mikroorganismen, etc.) zu schaffen. Damit soll sich das natürliche Gleichgewicht wieder einstellen.
Wir lassen die einheimischen Pflanzen wachsen, so wie sie auch in der freien Natur gedeihen würden und greifen nur ein, wenn etwas überhand nimmt. Im Herbst lassen wir die Pflanzenstängel stehen, damit die Insekten darin überwintern können.
Der Gemüsegarten ist in vier Abschnitte unterteilt. Einer der Abschnitte macht jeweils eine Ruhepause. Dort wächst dann Gründüngung. Die drei weiteren Abschnitte werden turnusgemäss und in Mischkultur bepflanzt: Die üblichen Gartengemüse wie Fenchel, Bohnen, Salat, Tomatillos, Kohlrabi, Gurken, Zucchetti und unsere Spezialität, Süsskartoffeln. Die Süsskartoffeln stecken wir jeweils im Februar, gewinnen Schösslinge, die wir dann bewurzeln und im Mai in den Garten pflanzen. So können wir jedes Jahr Süsskartoffeln aus Eigenproduktion geniessen. Im Treibhaus wachsen Melonen, Tomaten, Peperoni, Chili und Auberginen. Der Gemüsegarten ist für uns nicht primär für die Gemüseversorgung da, sondern ist auch ein Tummelfeld fürs Ausprobieren. Was funktioniert, was nicht…
Die Grünabfälle kommen entweder als Mulch auf die Beete oder auf den Kompost und dessen Erde wird jeweils im Frühling wieder auf die Beete ausgetragen.
Welche Veränderungen haben Sie im Garten wahrgenommen seit der Umgestaltung?
Was vor allem auffällt ist, dass nun in allen Monaten, zwischen März und Oktober, Blumen in den verschiedenen Wiesenzonen blühen. Entsprechend wird unser Garten von unzähligen Insekten (Wildbienen, Hummeln, Käfern, Schmetterlingen, etc.) besucht. An Sommerabenden schwirrt und summt es nur so über der Trockenwiese. Auch im Winter sieht der Garten mit den vertrockneten Pflanzenstängeln nie leer aus.
Schon bald nach der Neugestaltung begannen sich wieder Eidechsen, Blindschleichen und Igel einzunisten. Interessant ist, dass wir nun auch häufiger Besuch bekommen von verschiedenen Vogelarten, die vor allem die Samen der Wildblumen und die Beeren der einheimischen Sträucher sehr schätzen. Darunter sind auch vermehrt die buntfiedrigen Stieglitze und die Sumpfmeisen. Aber die Schnecken konnten wir mit der neuen Gartengestaltung nicht vertreiben.
Sind Sie mit dem Resultat zufrieden? Würden Sie den Garten nochmals gleich gestalten oder was würden Sie heute anders machen?
Wir sind immer noch begeistert von unserem Garten. Es ist spannend zu verfolgten, wie sich die Pflanzen- und Tierwelt saisonal, aber auch von Jahr zu Jahr verändert. Die Ruderalflächen sind dabei besonders interessant. Am Anfang sieht das aus wie in einer Kiesgrube. Aber über die Zeit bewachsen diese humusarmen Flächen erstaunlich gut mit anspruchslosen, blühenden Pflanzen. Wir würden den Anteil Ruderalfläche eventuell sogar noch erhöhen. Wir haben keine Rasenflächen mehr, sondern nur noch Naturwiesen. Da wir nun jedoch ein Grosskind haben, werden wir ev. wieder ein paar Quadratmeter Grasfläche einrichten, so dass im Garten auch wieder gespielt werden kann.
Wenn wir nochmals von vorne beginnen könnten, würden wir die Regenwassernutzung in unser Konzept mit einplanen. Wir haben es verpasst, einen Wassertank in den Garten einzubauen. Die Baumaschinen sind da gewesen und es wäre ganz einfach gewesen, ein zünftiges Loch in den Garten zu graben, um einen Tank zu installieren.
Was haben Sie noch für Ideen, die Sie gerne in Ihrem Garten realisieren würden?
Das Regenwasser vom Dach fliesst zurzeit direkt in die Kanalisation, was wir gerne ändern möchten.
Wir planen das Wasser zu fassen und in grossen Wassertonnen zu sammeln. In Trockenperioden könnten wir damit den Gemüsegarten bewässern oder auch ein kleines Feuchtgebiet im Garten gestalten. So wäre der Kreislauf des Wassers wieder geschlossen.
Unsere kleine Pilzzucht (Zitronenseitlinge) könnte auch noch ausgebaut werden. Wir würden gerne lernen, wie die Holzstämme mit Pilzen geimpft werden, damit wir noch weitere Pilzsorten im Garten wachsen lassen können.
Wieviel und welche Arbeiten bereitet Ihnen der Garten? Wann ist die intensivste Jahreszeit?
Am intensivsten ist der Frühling, weil dann die stehen gelassenen Pflanzenstängel von Hand abgeschnitten werden müssen. Zudem erfordert auch ein Naturgarten Pflege. Wenn man nichts tut, überwuchern gewisse Pflanzenarten alles und es entsteht längerfristig ein Wald. Darum ist gründliches Jäten im Frühling angesagt. Was gegenüber vorher wegfällt ist das Rasenmähen, das Giessen des Gartens im Sommer (nur noch in den Gemüsebeeten nötig), das Einwintern des Gartens und das Schneiden der Büsche im Winter. Insgesamt fällt also weniger Arbeit an, vor allem weil die einheimischen Pflanzen anspruchsloser sind.
Wie sieht der Garten im Winter aus?
Im Winter sieht der Garten unordentlich, aber auch spannend aus. Überall stehen Stängel von Kräutern und anderen Gewächsen. Das zieht diverse Vögel an, die uns im Winter immer wieder besuchen. Offensichtlich ist unser Garten ein willkommener Nahrungslieferant für diese Wintergäste.
Welche Reaktionen erhalten Sie aus der Nachbarschaft oder von Ihren Freunden und Bekannten?
Wir haben sehr viele positive Reaktionen bekommen. Der Garten ist von der Strasse her einsehbar. So kommt es regelmässig vor, dass Spazierende kurz anhalten, um den Garten zu bestaunen und sich über die Entstehung informieren. Einige Bekannte haben bereits damit begonnen. in ihrem Garten der Biodiversität mehr Raum zu geben. Vermutlich gibt es aber auch Leute, die unseren Garten als zu wild und unordentlich empfinden. Vieles, was bei uns wächst, bezeichnen andere als Unkraut.
Haben Sie für Personen, die ebenfalls Ihren Garten umgestalten wollen einen Tipp? Vielleicht einen fürs kleine Budget?
Besuchen Sie Gärten in der Umgebung, die Ihnen gefallen und machen Sie sich eine Vorstellung davon, wie Ihr Garten am Schluss aussehen soll. Eventuell gestalten Sie eine Ecke im Garten um, mischen die Erde mit Sand und Kies und säen Wiesenblumen. Sie können auch damit beginnen, einen Steinhaufen aufzuschichten und einen Asthaufen anzulegen. Lassen Sie dem «Unkraut» seinen Raum und beobachten Sie, was passiert.
Zu den Bildern
Wir danken Adriana Faedi Tschannen und Adrian Tschannen an dieser Stelle für das Interview und für ihre Zeit und wünschen unzählige, schöne Naturbeobachtungen im eigenen Garten.
Bauverwaltung Zollikofen / Departement Bau und Umwelt